Flüchtlinge Gesellschaft

Waffen oder Hunger

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H. Schulte

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Waffen und Hunger passen nicht zusammen, sollte man denken. Ganz besonders dann nicht, wenn diese Waffen nicht zur Jagd, sondern zum Töten von Menschen benutzt werden.

Die Zahl hungernder Menschen auf diesem Planeten hat wieder stark zugenommen. Experten hatten dieses Szenarium bereits relativ kurze Zeit nach Ausbruch der Pandemie beschrieben. Alle Fortschritte, die die Menschheit im Kampf gegen den Hunger gemacht hätte, seien durch die Maßnahmen gegen die Pandemie gefährdet, so hieß es.

Zahl der Hungernden steigt auf 828 Millionen

Wie der neue Welthunger-Index zeigt, müssen weltweit 828 Millionen Menschen hungern. Die Welthungerhilfe sieht eine „dramatische“ Situation, die sich weiter verschlechtert.

Berichte über die Ukraine dominieren

Viel hören wir über die katastrophalen Zustände eigentlich nicht. Von einzelnen kurzen Berichten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk einmal abgesehen, nehme ich jedenfalls davon wenig wahr. Das ist angesichts der erschreckenden und sich zeitlich überlappenden Krisen auch kein Wunder. Einerseits. Andererseits frage ich mich aber, weshalb die (aus meiner Sicht) schon exzessive Berichterstattung über den verbrecherischen Krieg Russlands gegen die Ukraine diesen Vorrang im Vergleich zu den nicht zur Kenntnis genommenen Dramen hat, die sich in Afrika abspielen.

Ukraine liegt näher als Somalia

Es gibt dafür Erklärungen. Die Ukraine liegen näher an Deutschland und überhaupt – wann hätten wir uns schon wirklich ernsthaft um die gekümmert, die auf dem schwarzen Kontinent buchstäblich an Hunger verrecken? Dagegen könnte nur Gott etwas tun und wir wissen: er lässt es laufen. Uns fällt es leichter, den Appellen eines Botschafters namens Melnyk oder des ukrainischen Präsidenten Selensky zu folgen als denen sagen wir unserer Kirchen.

Wir werden gedrängt, mehr – viel mehr Waffen zu liefern als zuvor. Dabei hat „der Westen“ bereits Waffen und andere Hilfen in Milliardenwerten in die Ukraine geschickt. Ich verstehe das. Ich unterstütze das nicht so bedingungslos wie all die aufgeklärten und dauerempörten Unterstützer der Ukraine, aber natürlich bin auch ich auf der Seite der Menschen dort und wünsche Putin die Pest an den Hals.

So viel Geld für Vernichtung und Tod

Ich frage mich aber, ob wir nicht wenigstens die Hälfte des Geldes, das wir für diesen Krieg (wie es heißt im Sinne unserer eigenen Sicherheit) nach Kiews geschickt haben, nicht auch den Menschen in den besonders leidenden Regionen Afrikas schicken müssten. Ich meine, wir (vor allem die Grünen und die FDP) argumentieren doch so gern moralisch, wenn es um die Unterstützung der Ukrainer geht.

Sollten wir nicht an die vielen Menschen denken, die z.B. in Somalia ihre Kinder sterben sehen, Tag für Tag und in so großer Zahl? Und nicht nur denken sollten wir an sie. Wie viel Prozent unseres BIP geben wir für Rüstung aus, wie viel für diesen verfluchten Krieg und was geben wir für die aus, die ohne Hilfe verhungern?

Deutschland macht viel. Ich weiß. Ich verstehe auch, dass die Spendenbereitschaft der Deutschen in der katastrophalen Lage, in der wir uns gerade befinden, zurückgeht. Aber gerade jetzt ist es so, dass aufgrund der Implikationen der Pandemie und dieses verfluchten Krieges mehr Menschen als in den zurückliegenden Jahren hungern.

Überforderung der Zivilgesellschaft

Die Zurückhaltung ist der Unsicherheit geschuldet, keiner weiß, was demnächst ist. Ob Jobs in großem Umfang verloren gehen werden und ob unser Sozialstaat infolge der erwarteten Rezession, von der niemand weiß, wie lange sie womöglich dauern könnte, zusammenkrachen wird.

Dieser Staat hat so viel Geld für alle möglichen Dinge ausgegeben und zugesagt, dass es niemanden trösten dürfte, dass zuletzt immer von der im europäischen Vergleich noch moderaten Staatsverschuldungsquote geredet wurde (es ist klar, dass es nicht bei den 70 %, die im Vergleich tatsächlich nicht schlecht sind, bleiben wird). Dass unsere Infrastruktur marode ist, wird allein der Politik zugeschrieben.

Sie trägt die Verantwortung. So viel ist klar. Ich frage nur mal in die Runde: Was wäre passiert, wenn nicht all die diversen Wohltaten in den letzten Jahrzehnten verteilt worden wären und das Geld in ebendiese Infrastruktur (Bildung, Gesundheit, Straßen, Brücken, Schulen, Unis, Bahnstrecken, Bürokratieabbau und was einem noch so einfiele) gesteckt worden wäre.

Aber nein, wir haben die Milliarden verprasst, den Sozialstaat immer komfortabler und trotzdem höchst ineffektiv gemacht und behaupten übrigens jetzt in etlichen Diskussionen, die ich am Rande verfolge, allen Ernstes, dass die Migranten sich nicht von unseren im Vergleich hervorragenden Sozialleistungen (Sorry, an die Bezieher von Bürgergeld, noch Hartz IV) anziehen lassen (Pull-Effekte), sondern dass … ja was?

Migrationsfrage – Pull-Effekte?

Liegt es am guten Wetter, an der Kinderfreundlichkeit der Deutschen, am freundlichen Wesen dieses Landes überhaupt, an den tollen Schulen und Kitas? Merkt ihr selbst, nicht? Ich habe auf diese Frage keine Antwort. Aber eins ist sicher.

Wenn das, was unsere dämlichen Politiker ständig von Fluchtursachenbekämpfung daherreden, wahr wäre, müssten doch Somalia und die anderen besonders betroffenen Nationen in Afrika viel stärker unterstützt werden. Stattdessen höre ich laute Klagen darüber, wie viel Geld wir für Entwicklungshilfe ausgeben würden. Und ja, Deutschland (die – noch – viertgrößte Volkswirtschaft dieses Planeten) leistet einiges.

Statistik: Größte Geberländer von humanitären Hilfszahlungen weltweit im Jahr 2021 (in Millionen US-Dollar) | Statista
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

¹ Die Türkei ist nicht direkt mit der internationalen humanitären Hilfe anderer Geber vergleichbar, da die humanitäre Hilfe größtenteils Ausgaben für die Aufnahme syrischer Flüchtlinge in der Türkei umfasst.

Finanzielle Abgaben zu Gunsten hungernder Menschen

Die Menschheit (UNO) könnte sich darauf verständigen, dass für jede Zahlung von Unterstützungen in Kriegsgebiete (unabhängig davon, wie gerecht die Sache sein mag… ???) ein bestimmter (und zwingender!) Anteil an notleidende Länder in Afrika oder Asien geht.

Zudem sollte ein Anteil der Umsätze (nicht der Gewinne, weil diesbezüglich leichter geschummelt werden könnte) der Waffenindustrie grundsätzlich dorthin weitergeleitet werden. Entsprechende Organisationen stellt die UN zur Verfügung. Die Berichtspflicht und Kontrollen sind, denke ich, geregelt.

Jedes Land, das einen Krieg beginnt, sollte nach einem bestimmten System sanktioniert werden. Die Mitgliedschaft einer Nation, die einen Krieg beginnt, wird so lange dieser andauert, von allen Treffen der UN ausgeschlossen. Es gibt kein Mitbestimmungsrecht in sämtlichen Gremien der Gemeinschaft.

Sicher werden sich die Gründerväter etwas dabei gedacht haben, als sie für wichtige Entscheidungen innerhalb der UN oder auch der EU die Einstimmigkeit in ihre Statuten geschrieben haben. Die Frage, die ich nicht beantworten kann, ist, ob ohne solche vermutlich durchaus elementaren Verabredungen diese Organisationen überhaupt zustande gekommen wären. Wir sehen leider, dass diese Prinzipien die Handlungsfähigkeit der Gremien maximal einschränken. Die EU werden von Ländern wie Ungarn oder Polen zur Lachnummer gemacht. Wohin soll das führen?

Reformen in EU und UN (keine Einstimmigkeit, sondern das Mehrheitsprinzip muss gelten)

Andererseits haben wir diese gerade in Krisenzeiten so eminent wichtigen und durchaus mächtigen Organisationen und wir sollten uns davor hüten, sie aus nationalistischen Motiven zu beschädigen oder zulassen, dass sie womöglich scheitern. Das sollten wir, die Menschen, nicht zulassen.

Dabei sind gerade diese Tendenzen in den letzten Jahren bedauerlicherweise unübersehbar. Die Reformfähigkeit solcher bürokratischen und diplomatischen Ungetüme ist ein schweres Handicap. Gerade im Fall der UN sollte die Staatengemeinschaft alles daran setzen, dieses bald zu beseitigen. Gelingt das nicht, wäre es nach dem Völkerbund die zweite „gutgemeinte Initiative“, die uns nicht davor bewahrt hat, in den Abgrund zu schauen.

VOR
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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).
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