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Wer zündelt in der „Streitrepublik“? Alle, die die sozialen Medien nutzen und stänkern.

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Die ZDF-Doku „Die Streitrepublik“ fand ich gut gemacht und interessant. Leider bringt uns die Nabelschau nicht weiter. Neues habe ich nicht gelernt. Aber deshalb habe ich mir die Doku eigentlich nur angesehen. Imposant war in meinen Augen die von Jung von Matt konzipierte Blase („Bubbleversum“) in Form einer durchsichtigen Kuppel, in der die Protagonisten szenenweise gezeigt wurden.

Das Sinnbild der durchsichtigen Blase stimmt hinsichtlich ihrer hermetischen Wirkung aber nicht. Gelungen fand ich sie dennoch. Ich plädiere gern dafür, sich aus der eigenen Blase zu lösen, um nicht das zu verlieren, was DIE ANDEREN denken. Das gelingt mir bedauerlicherweise nur mittel. Manchmal – das erkannten manche Leser an meinem Geschreibe hier – übernehme ich tatsächlich Teile eines Denkens, das mich eher noch mehr verwirrt als es ohne diesen Input schon der Fall war.

Der Streit hat unser komplettes Land überzogen. Insofern habe ich nicht verstanden, weshalb die exklusive Sicht auf die Befindlichkeiten von Ex-DDR-BürgerInnen in dieser Doku so zentral behandelt wurde. Das vermittelte, ich hoffe unbewusst, dass der Streit ein ostdeutsches bzw. kein gesamtdeutsches Thema wäre.

Dass in Westdeutschland die Lebensleistungen und millionenfache Biografie-Brüche nach dem Zusammenbruch der DDR schlichtweg ignoriert wurden, ist leider wahr. Inzwischen ist die Bereitschaft, diese Dinge aufzuarbeiten, aufgrund der Stapelkrisen, mit denen wir alle konfrontiert sind, nicht mehr gegeben – wenn es sie je gab.

Das lässt nichts Gutes erwarten. Schon gar nicht, wenn man sieht, wie krass die AfD als Trost- und Reaktionsfeld durch die Bürgerinnen und Bürger der Ex-DDR aufgewertet wurde. Dass wir uns auf der anderen Seite davor hüten sollten, die Menschen über einen Kamm zu scheren, bleibt – trotz der Umfragewerte für die AfD – eine lohnende Aufgabe. Vor allem, wenn einbezogen wird, dass die Umfragewerte eben nicht 1:1 bedeuten, dass alle die in Umfragen erfasst werden, wirklich diese Partei wählen. Daran knüpfe ich jedenfalls meine Hoffnungen.

In einem anderen ZDF-Event (Markus Lanz mit Ferdinand von Schirach, Kristina Dunz und Karin Prien) stellte Lanz eher beiläufig die Frage, welche katastrophale Rolle in der Polarisierung unserer Gesellschaft die sozialen Medien spielten. Eine Antwort gab es nicht, weil von Schirach die Frage sogleich auf das überlagernde Thema bezogen hatte. Es ging um die Vorverurteilungen, also den sozialen Ruin von Menschen (Kachelmann, Luke Mockridge oder Kevin Spacey, auf die sich Medien (einschl. der sozialen) nicht „nur“ mit Verdachtsberichterstattungen, sondern Anklagen (Vorverurteilungen) gestürzt hatten.

Ich fand die Einlassungen von Frau Dunz sehr befremdlich. Sie erlaubte sich, anhand des Verhaltens mancher Rammstein-Fans Rückschlüsse auf ein Fehlverhalten der Band ziehen zu können. Mir ist auch bei anderen Leuten schon unangenehm aufgefallen, dass diese sich zu unbewiesenen, also mutmaßlichen, schweren Vergehen geäußert haben. Warum das in aller Regel Frauen waren, kann ich mir damit erklären, dass es – soweit ich weiß – bei mutmaßlichen Vergewaltigungen oder andere schweren Vergehen gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht überwiegend um weibliche Opfer geht.

Wenn ich solchen Vorträgen zuhöre, entwickelt sich in mir eine klare Abneigung. So furchtbar es ist, dass viele Vergewaltigungen oder sexuellen Straftaten nicht zu Anklagen bzw. Verurteilungen führen, lässt sich die Militanz so mancher Forderung (der war’s – ganz sicher) von Frauenrechtlerinnen oder Aktivisten zwar nachvollziehen, aber nicht entschuldigen.

Wie sehr die Nutzer (Qualität und Anzahl) unserer sozialen Netzwerke von übergriffigen Journalisten in dieser Frage getriggert werden, weiß wohl niemand. Mein Eindruck ist, dass ein Appell an „die Medien“ ebenso ins Leere geht wie ein solcher an die Nutzer der sozialen Medien. Dieser Dreck – ich habe es so oft geschrieben – zerstört die Gesellschaften. Mit ein paar Regulierungen wird man das nie in den Griff bekommen. Aber zu mehr wären die Nutzer nie bereit. Im Fall der Fälle schreien die ganz Lauten Zensur und schwupp gewähren wir den asozialen Netzwerken unbegrenztes Asyl.

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Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com
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